Trotz ihrer relativ geringen Größe ist die Republik Aserbaidschan reich an Kurbädern und Erholungsorten. Die Grundlage dafür liefern — neben dem günstigen Klima — die vielen Mineralquellen, Vorkommen von Heilschlamm, das einzigartige Naftalan-Öl und malerische Landschaften vom Grossen Kaukasus entlang der Sandstrände an der Küste des Kaspischen Meeres bis in die Hyrkanischen Wälder im Süden.
von Prof. Dr. Hadschibala Bädälli
Aserbaidschan bietet Erholungssuchenden neun unterschiedliche Klimazonen, von denen eine jede ihr eigenes Profil der Kuranwendungen hat. Bedeutend sind auch die 200 Arten von Mineralquellen mit unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen, die eine Tagesleistung von 20 Mio. Litern erbringen. Viele dieser Quellen bieten eine gleichwertige, wenn nicht sogar höhere Wasserqualität als führende, weltweit operierende Mineralwasser-Marken.
Fango nimmt einen besonderen Platz unter den natürlichen Kurmitteln ein. Er ist unverzichtbar bei der Behandlung von rheumatologischen, neurologischen und gynäkologischen und vielen weiteren Krankheiten. Die meisten Vorkommen von Heilschlamm in Aserbaidschan sind reich an Lehm und Vulkanerde.
Die aserbaidschanischen Kurorte sind in See- und Luftkurorte sowie Heilbäder aufgeteilt, letztere bieten vor allem Mineralwasser- und Fangoanwendungen. Die Kurorte haben auch verschiedene Profile der Heilanwendung: einige sind auf die Behandlung von kardiovaskulären, gastrointestinalen, und Leberkrankheiten spezialisiert, andere behandeln vorwiegend rheumatologische und gynäkologische Krankheiten. Es gibt Regionen in Aserbaidschan, die eine ganze Palette therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten besitzen. Dazu gehören die Gebiete Abscheron, Länkäran-Astara, Quba-Chatschmaz, Schuscha-Istisu und einige weitere. In diesen Regionen sind die Voraussetzungen zur Errichtung von spartenübergreifenden Kurzentren gegeben.
Aserbaidschan bietet zudem gute Bedingungen, sich gesund zu ernähren. Die ländlichen Regionen gewährleisten mit der Vieh- und Fischzucht, Getreideproduktion, Gartenbau und zahlreichen Teeplantagen eine ausreichende Versorgung mit natürlichen Produkten, die reich an Vitaminen sind und die menschliche Gesundheit fördern. Eine gesunde Ernährung kann viele Krankheiten und Probleme bereits vor der Behandlungsphase verhindern.
Heutzutage gewinnt die Behandlung von Krankheiten mit natürlichen Arzneien und nachhaltigen Therapien mehr und mehr an Bedeutung. Eine Therapie mit natürlichen Behandlungsweisen unter Kurbedingungen wird als der effektivste Weg zur Wiederherstellung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit angesehen, wie auch zur Beruhigung des Nervensystems und Stärkung der Abwehrkräfte.
In Bezug auf die Entwicklung von Kur- und Erholungsorten kann Aserbaidschan in insgesamt fünf Regionen unterteilt werden: Der Große Kaukasus, einschließlich der Kurgebiete von Ilisu, Tschuchuryurd und Qalaalti, bietet vor allem schwefelhaltige Mineralwasser-Vorkommen. Sauerbrunnen, die reich an mineralischen Verbindungen sind, kann man im Kleinen Kaukasus mit den Erholungsgebieten Yuchari, Aschaghi Istisu, dem Tutguntschay-Komplex, dem Schuscha-Turschsu-Schirlan- und Naftalan-Ressort finden. Die Autonome Republik Nachtschivan verfügt über die Erholungsgebiete Sirab, Badamli, Batabat, Vaychir und Daridagh. Die Küste des Kaspischen Meeres und das Tiefland zwischen den Flüssen Kura und Arax bieten jeweils ganz eigene Erholungsmöglichkeiten.
Der Große Kaukasus
Diese Region, die die Bezirke Qach, Qäbälä, Oguz, Ismayilli, Quba, Dävätschi und Schamachi umfasst, verfügt über, Dutzende heiße, warme und kalte salzarme und schwefelhaltige Quellen. Davon können die Mineralquellen von Ilisu im Bezirk Qach, Tschuchuryurd und Chagan in Schamachi-Gebiet und Diyalli in Ismayilli-Distrikt für therapeutische Zwecke verwendet werden. Darüber hinaus versprechen die malerischen Landschaften, die reine Luft und die erfrischenden Quellen der Region eine wohltuende und regenerative Wirkung. Gegenwärtig gibt es ein Kurzentrum der Gewerkschaft in Schäfa im Bezirk Qach. Es wäre begrüßenswert, dieses zu erweitern sowie weitere Heilbäder in der Region zu bauen.
Das Heilbad Qalaalti befindet sich in waldreicher Umgebung an der Küste des Kaspischen Meeres. Es liegt etwa 100 km von Baku entfernt im Bezirk Dävätschi in einer Höhe von 600–700 Metern über dem Meeresspiegel.
Hier findet sich eine Quelle von salzarmen Hydrogencarbonat-Calcium‑, Natrium- und Magnesium-Verbindungen unter der Bezeichnung „Naftusya“, mit einem Gehalt an Naphthensäuren. Die Berge, der Wald und das Meer, kombiniert mit einer Mineralwasserkur, zeitigen einen umfassenden und gesundheitsfördernden Effekt auf den Organismus. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse und klinische Beobachtungen zeigen, dass mit dem Qalaalti-Mineralwasser u.a. eine Reihe von Nierenerkrankungen, kleine Nieren- und Gallensteine, Störungen im Salzhaushalt, Hypostase der Harnwege, Pyelozystitis (Entzündungen von Nierenbecken und Harnblase), chronische Hepatocholezystitis (Gallen- und Leberbeschwerden) sowie Gastritis erfolgreich behandelt werden können. Die behandelnden Ärzte empfehlen und verordnen dieses Wasser sowohl für Trink- als auch Badekuren.
Der Autor dieses Artikels hat persönlich miterlebt, wie nach Verwendung des Qalaalti-Wassers über mehrere Tage Steine in verschiedenen Formen und Größen ausgeschieden wurden. Tatsächlich waren einige der Steine dermaßen scharf, dass sie leicht eine Hand verletzen könnten. In Anbetracht dieser Tatsache wäre der Aufbau eines Museums für Nierensteine eine lohnende Sache und wahrscheinlich einzigartig in der Welt.
Der Kleine Kaukasus
Die Heilbäder Yuchari Istisu, Aschaghi Istisu und Tutguntschay liegen in einer malerischen Berggegend auf einer Höhe von 1.800–2.200 Metern über dem Meeresspiegel. Die saubere Bergluft und die UV-Strahlung der Sonne ergeben in Kombination mit den heilsamen Mineralquellen eine ganzheitliche Behandlung und einen unvergesslichen Kuraufenthalt. Istisu ist für seine heilenden Eigenschaften weit über Aserbaidschan hinaus bekannt. Menschen aus Kleinasien, Iran, Afghanistan, der Arabischen Halbinsel und Ägypten zählen seit Jahrhunderten zu den Besuchern.
Erste wissenschaftliche Forschungen über die Wirkungsweise der natürlichen Faktoren von Istisu auf die menschliche Gesundheit wurden im Jahr 1928 durchgeführt. Inzwischen ist nachgewiesen, dass die Istisu-Ressorts eine effektive Behandlung von Leber‑, Magen- und Nierenerkrankungen sowie des metabolischen Syndroms ermöglichen. Da die lokalen Mineralquellen über eine sehr hohe Ausflussleistung verfügen, wird das Heilwasser für Trinkkuren wie auch für Bäder verschrieben.
Die Kurorte von Schuscha-Turschsu-Schirlan
Die Stadt Schuscha ist auf einer Höhe von 1.300–1.500 Metern über dem Meeresspiegel in das Becken des Flusses Qarqar gebettet und damit umgeben von einer pittoresken Landschaft mit einzigartig gesunder Luft. Schon seit Jahrhunderten wird dieser Ort von Menschen aufgesucht, die an allgemeiner Schwäche, Anämie, chronischer Bronchitis, Herzinsuffizienz oder geschlossener Tuberkulose leiden. Nachdem sie ein paar Monate in Schuscha verbracht haben, kehren sie vollkommen erholt nach Hause zurück.
Das Schuscha-Ressort sollte in Verbindung mit den Erholungsgebieten von Isa Bulaghi, Turschsu und Schirlan erforscht und entwickelt werden. Bis 1967 war Schuscha lediglich als Luftkurort klassifiziert, doch nach dem Bau einer Pipeline für das Hydrogencarbonat, Magnesium, Kalzium, Eisen und natürliche Kohlensäure enthaltende Mineralwasser aus der Schirlan-Quelle, erhielt das Städtchen den Status eines klimatischen und balneologischen Kurortes. Sein Wasser wird nach ärztlicher Verordnung zum Spülen des Gastrointestinaltraktes verwendet.
Das Naftalan-Ressort liegt in der Nähe von Gändschä. Das Naftalan-Öl wird aus den umliegenden Lagerstätten an die Stadt Naftalan geliefert und für therapeutische Zwecke verwendet. Das Öl aus Naftalan sieht zwar aus wie gewöhnliches Öl, ist jedoch geringfügig dickflüssiger und schwerer als Heizöl. Es ist reich an heilsamen Stoffen, einschließlich Schwefel-Stickstoff-Verbindungen, naphtenischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, einer Reihe von organischen und nicht-organischen Verbindungen sowie Naphthensäuren. Naftalan-Öl wird seit alters her medizinisch verwendet, eine ärztliche Überwachung vor Ort wurde im Jahre 1896 eingeführt.
Naftalan-Öl ist weithin verbreitet und wird in Form von Teil- und Vollbädern angewendet, auf eine wunde Stelle aufgebracht, aber auch als Paste in Kombination mit der Höhensonne und Phonophorese verwendet. Naftalan kommt erfolgreich bei der Behandlung von rheumatischen, gynäkologischen und urologischen Erkrankungen, posttraumatischen Komplikationen und Hauterkrankungen zum Einsatz.
Die Autonome Republik Nachtschivan
Von den Heilbädern dieser Region verdienen die in einer Höhe von 1.000–1.400 Meter gelegenen Orte Batabat, Badamli, Sirab, Vaychir und Daridag besondere Erwähnung. Ihre Lage zwischen üppigen Obstgärten und verschiedenartigen Mineralquellen ist besonders idyllisch. Nachtschivan ist vielleicht sogar weltweit führend, was die Anzahl von therapeutischen Mineralwasserquellen auf einem so kleinen Gebiet betrifft.
Wasser aus den Badamli- und Sirab-Quellen sind erfolgreich bei der Behandlung von Leber‑, Magen- und Harnwegserkrankungen angewendet worden. Unter strenger ärztlicher Kontrolle wird das einzigartige arsenhaltige Mineralwasser der Daridagh-Quelle bei der Behandlung vieler Erkrankungen der Gelenke, Muskeln und des Nervensystem benutzt. Dieses Wasser sollte dreimal täglich im Verhältnis von einem Esslöffel auf ein Glas gewöhnlichen Trinkwassers über 15–20 Tage eingenommen werden. Die Einzeldosis beträgt 20 Gramm. Das Wasser wird u. a. erfolgreich in der Behandlung von Gastritis, Darmerkrankungen, kardialer Insuffizienz, Anämie und allgemeinem Krankheitsgefühl eingesetzt. Das Gebiet Sirab verfügt über Mineralwasserquellen ähnlich denen von Bordschomi, Narsan und Jessentuki, die ebenfalls zur Behandlung verschiedener Krankheiten empfohlen werden.
Zudem verfügen Nachtschivans berühmte Salzbergwerke über ein besonderes Mikroklima. Tief unter der Erde kurieren Patienten hier ihre chronische Bronchitis oder ihr Bronchialasthma.
Die Küste des Kaspischen Meeres
Zu dieser Region gehören die Gebiete Chatschmaz, Dävätschi, Abscheron, Salyan, Nefttschala, Masalli, Länkäran und Astara. Sie liegt im Osten des Landes und erstreckt sich entlang der Kaspischen Küste von Norden nach Süden. Dort befinden sich auch die beiden größten industriellen Zentren, Baku und Sumqait. Nach Klima, natürlichen Bedingungen und den vorwiegenden Heilungsfaktoren kann der Bereich in drei Zonen gegliedert werden: die Erholungsbereiche Chudat und Nabran-Yalama; die Halbinsel Abscheron und die subtropischen Feriengebiete Länkäran, Masalli, Astara und Meschäsu.
Die Küstenzone von Chudat-Yalama-Nabran erstreckt sich über 200 Kilometer entlang des Kaspischen Meeres und ist vollständig mit Wald bedeckt. Die Kombination von Meeres- und Waldklima hat eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem und reguliert das kardiovaskuläre sowie das Atmungssystem.
Auf dieser Grundlage wäre es sinnvoll, ein modernes Sanatorium und ein Ressort-Netzwerk zu etablieren, welches sich auf die Behandlung der genannten Erkrankungen spezialisiert. Es gibt jedoch bereits einige wenige Erholungs- und Gesundheitseinrichtungen um die Siedlung Nabran an der Küstenseite. Zusätzlich sprudeln mehrere Mineralwasserquellen in der Umgebung.
Die Halbinsel Abscheron ist gekennzeichnet durch Seeklima und bietet gleichzeitig Schwefelwasserstoff (Surachani) und warme, schwefelhaltige Quellen (Schichov), dazu erhebliche Reserven von unterirdischem Jodbromid-Wasser, hochwertigen Heilschlamm (Masazir) sowie wertvollen vulkanischen Schlamm (Qobustan-Älat). Keineswegs sollen die kilometerlangen Sandstrände unerwähnt bleiben, die ganz allgemein als ein unverzichtbares therapeutisches Hilfsmittel betrachtet werden.
Deswegen sollte die Einrichtung moderner Spa-Ressorts in den Küstensiedlungen auf Abscheron als eine Aufgabe von nationaler Bedeutung angesehen werden. Die gegenwärtig auf der Abscheron-Halbinsel operierenden Spas sind etwa 25–40 Kilometer von Baku entfernt, was ganz erheblich das Problem der Anpassung und Akklimatisierung für die Patienten mildert. Die besonderen Bedingungen auf Abscheron ermöglichen die erfolgreiche Behandlung einer Reihe von Erkrankungen des Nervensystems und des rheumatischen Formenkreises sowie des Herz-Kreislauf- und des Magen-Darm-Systems.
Länkäran-Masalli-Astara
Diese Zone subtropischen Klimas erstreckt sich über fast 50 Kilometer entlang der Küste des Kaspischen Meeres und wird wegen ihrer gesundheitsfördernden, natürlichen Bedingungen geschätzt. Das gesamte Gebiet ist von Bergwäldern bedeckt, wo es eine Vielzahl wertvoller und seltener Bäume gibt, darunter der Persische Eisenholzbaum (Parrotia persica). Das Gebiet ist auch für seine Teeplantagen, Zitronenhaine, herrlichen Sandstrände, kalten, warmen und heißen Mineralquellen bekannt. Unter dem Gesichtspunkt der Bedingungen zum Aufbau eines Spa sind die Mineralwasservorkommen von Meschäsu in Länkäran und bei Istisu im Bezirk Masalli besonders wertvoll.
Wissenschaftliche Forschungen und langfristige Klimabeobachtungen lassen den Schluss zu, dass es sinnvoll und notwendig wäre, eine moderne Spa-Infrastruktur in diesem Gebiet aufzubauen, die der Behandlung des Nervensystems, von Rheuma, Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Krankheiten dienen könnte.
Kura-Arax-Niederung
Diese Region ist vor allem für die Einrichtung von klimatischen Ressorts zur Behandlung von Nieren- und Harnwegserkrankungen geeignet, ähnlich dem Bayram-Ali-Ressort in Turkmenistan. Dies erklärt sich durch die Tatsache, dass in sommerlich heißer Umgebung ein beträchtlicher Teil des Wassergehalts dem Körper nicht in Form von Urin, sondern durch Schweiß entzogen wird, was die Nieren signifikant entlastet. Nebenbei bewirkt der Verzehr von Obst, insbesondere von Wassermelonen und weißen Maulbeeren, die hier reichlich vorkommen, eine effektive Spülung der Nieren und das Ausscheiden von Ablagerungen und Salzen im Körper.
Literatur
1. Efendiyev, M: Das Ilisu-Ressort, Baku 1965.
2. Salichov, S.: Auswirkungen der Faktoren des Turschsu-Ressorts auf unterschiedliche Funktionen des Organismus, Baku 1972.
3. Kuliyev, A.: Naftalan und seine therapeutische Methodik. Baku 1973.
4. Ressorts. Enzyklopädie, Moskau 1983.
5. Badalov, G.: Herzerkrankungen und das Heilbad Qalaalti, Baku 1978.
6. Bädälov, H.: Behandlung von kardiovaskulären Krankheiten in verschiedenen Höhenkurorten in Aserbaidschan, Baku 1995.